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Graz, Österreich: “Identäre” vor Gericht

erhalten auf englisch am 5.7.18

“Identitäre” vor Gericht

In Graz (Österreich) findet ein Prozess gegen die “Identitäre Bewegung Österreich” statt. Europaweit bekannt geworden durch Medienaktionen in den Alpen und im Mittelmeer, waren sie auch in Österreich für mehrere rassistische Vorfälle verantwortlich. Die Anklage umfasst folgende strafrechtlichen Vergehen: Verhetzung, Mitgliedschaft und Gründung einer kriminellen Vereinigung, Sachbeschädigung und Nötigung. Eine detailierte Zusammenfassung der Anklage hat prozess.report zusammengestellt.

Die “Identitären” in Österreich

Die sich selbst als „Identitäre Bewegung Österreich“ bezeichnende rechtsextreme Gruppe gründete sich nach dem Vorbild des franzöischen „Bloc Identitaire“ im Jahr 2012 unter der Führung von deutschnationalen Burschenschaftern in Wien. Die sogenannten “Identitären” entwickelten sich rasch zum aktionistischen Arm der rechtsextremen Szene. Ihren Inszenierungen wurden von den Medien aufgegriffen und kritiklos reproduziert, auf sozialen Medien fanden sie rasch große Verbreitung.

Nach außen geben sich die “Identitären” als “junge engagierte Rechtskonservative”, die mit dem Bild der glatzköpfigen Neonazis aus den 90ern nichts mehr zu tun haben wollen. Ihr Spin sich als “rechte NGO” darzustellen, wird von Medien und Politik bereitwillig aufgenommen, und damit ihre rassistische Propaganda legitimiert.

Kontrastiert wird dieses Bild von den regelmäßig stattfindenden Kampfsportübungen, Schlagstocktrainings, gewalttätigen Angriffen auf Gegenproteste und einer engen Vernetzung mit militanten Neonazis.

Der Prozess

Am 4. Juli hat der Prozess gegen “Identitäre Bewegung Österreich” begonnen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen mehrere Vergehen vor, unter anderem mit dem §278 die Bildung einer kriminellen Vereinigung. Dieser Paragraph ist grundsätzlich zu kritisieren, da er in der Vergangenheit dazu eingesetzt wurde, um um unter anderem Tierrechtsaktivist_innen oder Refugee-Proteste zu kriminalisieren. Hier allerdings Vergleiche zu den “Identitären” zu ziehen, heißt wieder auf die Selbstinzenierung als”rechte NGO” hereinzufallen und die menschenfeindliche Ideologie der neofaschistischen “Identitären” zu ignorieren und damit zu verharmlosen.

Bei einer Verurteilung drohen den 17 Angeklagten mehrere Jahre Haft. Zehn der “Identitären” sind als Mitglieder und sieben als Sympathisant_innen angeklagt. Kritische und emanzipatorische Berichterstattung zum ca. einen Monat anberaumten Prozess, gibt es unter anderem von prozess.report und Radio Helsinki – von unten. Interessierte finden dort zeitnah – beim Prozess selbst ist Live-Berichterstattung verboten – alle verfügbaren Informationen zum Prozessverlauf.

Warum eigentlich das Ganze?

Ein solcher Prozess in Österreich erscheint in einem seltsamen Licht. Die Forderungen der “Identitären”, jahrelang als rechts außen verschrien, werden gerade von der aktuellen rechtsextremen/rechtskonservativen Regierung weitgehend umgesetzt. Massenlager, geschlossene Grenzen, rassistische Sozial- und Bildungspolitik, etc. sind Regierungsprogramm. Im Wahlkampf zur Nationalratswahl 2017 unterschieden sich die Botschaften der jetzigen Regierungsparteien FPÖ und ÖVP nur marginal von der Propaganda der Identitären. Nach der Wahl haben dann auch deutschnationale Burschenschafter und ehemalige Wehrsport-Kameraden aus der Neonazi-Generation der 90er in den Ministerien und Behörden Einzug gehalten.

So bleibt die Anklage der “Identitären” bloße Symptombekämpfung, während die mörderische rassistische Praxis des österreichischen Rechtsstaats unangetastet bleibt. Ein Freispruch würde den “Identitären” sogar Rückendeckung bieten und käme einer rechtsstaatlichen Absolution gleich.

Eine Verurteilung wiederum wäre für die Identitären sicherlich ein schwerer Schlag, welcher sie in ihrem Handeln einschränken würde. In Zeiten, in denen die EU eben jene Forderungen der bekannten „Defend Europe“ Kampagne umsetzt und die Rettung von Ertrinkenden kriminalisiert, kein Trost.

Egal wie der Prozess endet, es kann sich die Debatte nicht lediglich um Verbote von rechtsextremen und faschistischen Gruppen drehen. Das geht am tatsächlichen Problem vorbei. Mit ihrer Propaganda sind die “Identitären” ein Teil der rechten Kontinuitäten und rassistischen Diskurshegemonie in einem Land welches keinen antifaschistischen Grundkonsens kennt. Klare antirassistische, antifaschistische und emanzipatorische Positionen brauchen viel mehr Öffentlichkeit, statt wie bissher ständig totgeschwiegen zu werden. Wer nicht beginnt sich gegen autoritäre und faschistische Tendenzen zu stellen oder sich zumindest mit denen solidarisiert die es tun, wird selbst zum Teil der rechten Normalisierung.

Smash Fascism!

Rosa Antifa Wien

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Wien: Wütende spontane Demonstration für Afrin, als Beitrag zum Internationalen Solidaritätstag am 24. März

Um die einhundert Leute versammelten sich gegen 22:00 Uhr, um eine dreißigminütige, spontane, wütende und wilde Demonstration am Solidaritätstag für Afrin durchzuführen. Die Demonstation war ein Ausdruck der Wut über die Besetzung Afrins durch NATO, der türkischen Armee, IS-Faschisten und andere Allierte. Das Front-Transparent besagte „Kämpft für Afrin“. Laute Parolen, wie „ `Biji Berxwedane Efrine`(Lang lebe der Widerstand von Afrin`, `Uberall Afrin, Überall Widerstand`, „Solidarität heißt Widerstand, Kampf dem Faschismus in jedem Land“ oder „Alerta, Alerta Antifascista“, hallten durch die Straßen. Viel unterschiedliches pyrotechnisches Material kam zur Anwendung.

Die Demonstration bekam viel Aufmerksamkeit und hat im Viertel ihre Spuren hinterlassen. Ein Gebiet, dass sehr bekannt für organisierte Faschist*innen und Nationalist*innen unterschiedlicher Herkunft ist (nicht nur aus Österreich, sondern auch viele türkische faschistische Gruppen.) Während der Demonstration wurden mehrere Straßen blockiert, repressive und kapitalistische Symbole angegriffen, Fenster von Geschäften zerstört und die Scheiben eines Polizeiautos eingeworfen. Die Demonstrant*innen verschwanden, bevor die Polizei kam und so weit bekannt, wurde niemand von den Feiglingen verhaftet.

Die Demonstration fand in einem Teil Wiens statt, wo die MHP und AKP besonders stark unter den Bürger*innen vertreten sind und wo ihre Infrastruktur von vielen besitzt und unterstützt wird. Deshalb war es eine wichtige antifaschistische Aktion und hat aufgezeigt, dass aktive Solidarität ein gewaltiger Schritt ist, den lokalen Kampf gegen Faschismus in Österreich mit dem internationalen Kämpfen für Freiheit in Rojava (und darüber hinaus) miteinander zu verbinden.

Widerstand zu leisten bedeutet, die Apathie zu durchbrechen!

Zu beobachten, wie täglich Gefährt*innen in dem Kampf gegen islamistische Gruppen fallen, zwingt uns dazu, in Aktion zu treten und unsere Solidaritä mit den Leuten im nördlischen Syrien auf die Straße zu bringen.

Jeden Tag werden wir zusammen weiterhin gegen Faschismus in der Türkei, Nord-Syrien und Österreich kämpfen!

Überall Afrin, Überall Widerstand!

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Wien: Angelobung Regierung – Wütend am Tag X durch die Stadt

erhalten am 23. Dezember 2017

Wir waren wütend am Tag X, dem Tag der Angelobung der rechten Regierung in Wien. Wir wollten nicht zu Hause sitzen bleiben, aber auch nicht ausschliesslich nur den Weg der Demonstrationen folgen.

Also wurden diese Wege verlassen, um Altpapiercontainer in den Nobel- und Einkaufsbezirken der Stadt anzuzünden. Nebenbei gingen auch einige Autoscheiben von SUVs und dergleichen in die Brüche.

Es gab gegen 16.30Uhr eine Spontandemonstration durch die Mariahilferstrasse im 7. Wiener Gemeindebezirk. Etwa 20 Personen zogen mit Böllern und Sprechchören (z.B. Strache hetzt – Kurz schiebt ab – das ist das Gleiche Rassistenpack, Leute lasst das shoppen sein – steckt die Sachen einfach ein!) durch die Fussgängerinne*nzone die voll gestopft war mit einkaufenden Menschen.
Etwa bei Hälfte der Einkaufsstrasse tauchte ein Streifenwagen auf und die Demonstrierenden verschwanden im Getümmel.

Abends kam es zu weiteren Brandstiftungen in der Stadt, so wurden Zeitungsständer, Mülltonnen und mindestens ein BMW im 1.Bezirk in Brand gesetzt.

Einen Bericht über die Aktivitäten rund um die Angelobung und den Demonstrationszügen findet ihr unter dem Titel “Tag X: 6000–8000 oder noch mehr protestierten gegen Angelobung rechtsextremer und neonazinaher
Minister*innen am 18.12.2017”  .

Wien: Tag X ist Montag, der 18. Dezember. Den Normalbetrieb lahmlegen! Ein Aufruf zum Ungehorsam

Hinweise zum Tag X:

Antifa-Treffpunkt: 8:30 Uhr Karlsplatz. EA +43 681 843 360 22 Alles Wissenswertes zum Tag X findet ihr auf der Internetseite tag-x.mobi.

Die Rosa Antifa Wien hat sich entschlossen einen Liveticker (ticker.raw.at) anzubieten. weil sie der Überzeugung sind, dass Infos und Updates via Twitter sehr schnell unübersichtlich sind, vor allem wenn es mehrere Aktionspunkte in der Stadt gibt. Außerdem haben vergangene Proteste gezeigt, dass Polizei, Faschos und Trolle Social-Media-Plattformen benutzen, um Stimmung gegen Aktivist_innen zu machen, Aktionshashtags zuspammen und (gezielt) Falschinformationen verbreiten, um so Verwirrung zu stiften.

Der Ticker soll die wichtigsten Infos auf einen Blick bieten.

Der Aufruf (eingegangen am 12. Dezember 2017)

Montag, der 18. Dezember ist der Tag X (Tag der Regierungsangelobung) und es wird massenhafte Proteste von verschiedenen Akteur*innen und Richtungen in Österreich geben. Von zumindest 4 verschiedenen Treffpunkten werden in Wien große Demos in Richtung Ballhausplatz gehen, um dort gemeinsam die Angelobung der neuen Regierung zu stören und evtl. zu verhindern.

Am darauffolgenden Samstag soll dann eine gemeinsame Großdemonstration stattfinden, zu der ebenfalls von verschiedensten Gruppen und Einzelpersonen aufgerufen wird.

Das Klima in Österreich wird immer frostiger – damit meinen wir aber nicht die Temperaturen sondern das soziale Klima. Dieses Land passt sich an andere Staaten an, die wie z.B. Ungarn oder Tschechien bereits extrem rechte Regierungen haben und durch Gesetzesverschärfungen, Aufrüstung und dem direkten Angriff auf die „Unerwünschten“ im Kapitalismus glänzen.
Für uns als Anarchist*innen ist es dabei weniger relevant, welche Farbe die jeweiligen Politiker*innen tragen, die an diesem Tag X den Treueschwur auf die Republik ableisten wollen. Ob schwarz, blau, grün oder rot – die Richtung ist dennoch die gleiche: Aufrechterhaltung und Verschärfung des kapitalistischen Regimes.

Da wir ein Leben in Freiheit anstreben, wollen wir überhaupt nicht regiert werden, und zwar egal von welcher Partei. Ein Leben im Kapitalismus zerstört Menschen, Tiere, den Planeten und unsere Beziehungen zueinander. Die relativ lange Geschichte dieses Systems hat immer wieder gezeigt, dass kleinere Reformen immer nur dazu führen, dass sich das System stabilisiert und nicht dass es verschwindet. Auch wenn sich z.B. die FPÖ als „arbeiterfreundlich“ darstellt, ist sie dennoch eine Partei der Interessen der Reichen: die Ausbeutung und Profite-Macherei soll und wird nach dem Regierungswechsel weitergehen – wenn auch vermutlich in anderer Gestalt.

Deshalb wollen wir am Montag auch und vor allem gegen den Kapitalismus auf den Straßen sein.

Wir machen keinen Hehl daraus, wir wollen den Kapitalismus und damit die Ausbeutung und Unterdrückung von Menschen zerschlagen. Wir begrüßen die Demos, Proteste, Aktionen, … am Tag X und hoffen, dass es sich dabei nicht nur um einen einzelnen „Protest“ handeln, sondern der Beginn von etwas größerem sein wird. Das wird von allen Beteiligten abhängen…

In vielen Aufrufen zu den Protesten (von bürgerlicher bis linksradikaler Seite) überwiegt die Empörung darüber, dass Österreich eine rechte Regierung bekommen wird. Der sogenannte „Rechtsruck“ passiert allerdings schleichend und nicht erst seit der letzten Wahl im Oktober. Auch wurden alle möglichen Gesetzesverschärfungen, die unsere eh schon begrenzte „Freiheit“ weiter einschränken, die letzten Jahre durchwegs von Rot-Grün durchgesetzt: das neue Sicherheitspolizeigesetz, das Gesichtsverhüllungsgesetz, die etlichen Anläufe zum Sicherheitspaket,  das neue Fremdenrecht, das „Staatsfeindegesetz“… sie alle wurden nicht von Schwarz-Blau umgesetzt, sondern von Anderen.

Unter anderem deshalb dürfen sich unsere Aktionen und unser Widerstand nicht nur auf die neue schwarz-blaue Regierung beschränken, denn sie sind nicht die Wurzel des Übels sondern eine Erscheinung oder ein Symptom.

Wenn wir wirklich etwas verändern wollen, müssen wir tiefer ansetzen: beim Kapitalismus, bei dem Konstrukt von Privateigentum, beim Patriarchat, bei der Polizei und allen anderen Feinden der Freiheit.

Ein Vorschlag:

An diesem Tag wird (zumindest in Wien) einiges los sein auf diesen Straßen, d.h. sowohl werden tausende Bullen als auch zehntausende Menschen unterwegs sein, um ihren Widerstand auf die Straßen zu tragen. Dabei wird die Polizei alles daran setzen, dass es zu keinen Ausschreitungen und Angriffen kommen wird und die großen Demonstrationszüge (siehe unten!), sowie der Ballhausplatz werden unserer Meinung nach von starken Polizeikräften besetzt sein. Unsere Stärke wird dabei in vielfältigen, unkontrollierbaren Aktionen liegen, die direkt vor den Augen der Polizei, aber auch abseits des Augenmerks stattfinden können. Wenn wir genauso handeln, wie es die Bullen berechnen (und nebenbei so haben wollen), können sie sehr leicht reagieren und haben die Situation unter Kontrolle. Bedenkt das bei euren Handlungen!

Wenn wir unkontrolliert durch die Straßen ziehen und immer schön in Bewegung bleiben, bieten sich andere Angriffsziele und die Polizei kann nicht immer und überall zugleich sein. Unser Vorschlag ist daher: direkte, dezentrale Aktionen, den normalen Betrieb lahmlegen und Chaos und Verwirrung stiften.

Dabei ist der Fantasie keine Grenze gesetzt:
Straßenblockaden und Barrikaden, Flugblätter und Flyer, Transparente und Demos, Angriffe auf Parteizentralen und die Polizei, Besetzungen von (öffentlichen) Gebäuden, Sitzblockaden, ziviler Ungehorsam, Farbbomben und Sprayereien, Feuerwerk und Sabotage, … kurz: wir schlagen den Ungehorsam, den Streik, die direkte Aktion vor!

Lassen wir uns nicht vorschreiben, wie unser Widerstand auszusehen hat – vor allem nicht von den Medien und anderen Meinungsmachern. Die Antwort auf gewalttätige Strukturen kann nicht nur in friedlicher, „demokratischer“ Art und Weise stattfinden. Wir sollten eher darauf achten, dass sich verschiedenen Aktionsformen gegenseitig bereichern anstatt uns dabei auf das unweigerlich stattfindende Medienspektakel der Distanzierungen einzulassen und der Spaltung in „friedliche“ und „gewalttätige“ Demonstrant*innen auf den Leim zu gehen – genau nach dem Motto: ob friedlich oder militant, wichtig ist der Widerstand.

Die verschiedenen Demo-Treffpunkte usw. sind auf der Internetseite tag-x.mobi aufgelistet.

Lasst euch nicht einschüchtern,
Angriff ist die beste Verteidigung!

Wien: Gefängnisse mit Farbe attackiert

eingegangen am 17.Dezember 2017

In der Nacht von Samstag auf Sonntag wurden in Wien folgende Knäste mit Farbe attackiert:

Justizanstalt Favoriten
Justizanstalt Mittersteig
Justizanstalt Simmering
PAZ Hernals

Passend zur Weihnachtszeit haben wir Christbaumkugeln aus Glas mit Farbe gefüllt und mit Wachs verschlossen.
Diese Methode eignet sich vor allem, wenn ein längerer Transportweg nötig ist und ein leises Aufprallen gewünscht ist. Außerdem kann bei dieser Methode leichter sauber gearbeitet werden als bei Wachskugeln.

Unsere Aktion ist im Kontext der Angelobung der rechtsextremen Regierung morgen Montag geschehen, gegen die der Widerstand auf die Straßen getragen werden soll.

Wir finden es wichtig, dass der wachsende institutionalisierte Rechtsextremismus entschieden bekämpft wird.
Allerdings gilt unser Widerstand allen Regierungen, rechtsextrem wie linksliberal!
Denn alle Regierung brauchen Gefängnisse – für Menschen, die gegen das Regiert-Werden auf die Straße gehen und den zunehmend repressiven Alltag sabotieren. Mit allen, die in den kommenden Tagen beim Sabotieren der Regierung in die Gefängnisse gesperrt werden, wollen wir uns besonders solidarisieren!

Lasst uns die Gegangenen nicht vergessen! Jeder Tag ist Tag X!

Graz: Buntes Adventsgeschenk – Angriff auf Andritz AG!

eingegangen am 11.Dezember 2017

Um ein aktives Zeichen gegen „Bürgermeister“ Nagl, Kapitalismus und Co. und für ein Wiederauflodern des Widerstands gegen das Grazer Murkraftwerk zu setzen wurde der Andritz AG im gleichnamigen Grazer Stadtteil in der Nacht allzu bunte Adventsgeschenke auf die Frontseite ihres schönen Repräsentationsgebäude geklatscht.

Der Andritz AG soll klar sein, dass durch ihre massive Beteiligung an umweltzerstörenden Projekten – egal ob Megastaudämme im Amazonasgebiet oder das Murkraftwerk im Herzen von Graz – solche Art von Konsequenzen auf keinen Fall ausbleiben werden!

Für alle Aktiven in und für Graz, die auch einmal die Andritz AG besuchen möchten, seid vor vorhandenen Kameras und Securitydienst (im Gebäude stationiert) auf der Hut.

Hackt ihr uns die Bäume ab – machen wir die City platt!
ESTAG kann Scheißn gehen.

Wien: Angriff auf PORR und Wiener Linien

Vor knapp 2 Wochen legten wir Feuer an einem Fahrkartenautomat der Wiener Linien an der U4-Station Schottenring. Der Automat brannte aus, die Tickets und das Geld dürften wohl zerstört sein…

Die Wiener Linien bauen die Kameraüberwachung in den Zügen und Stationen massiv aus, haben seit Kurzem eine eigene Security-Truppe aufgestellt und ab Jänner erhöhen sie erneut die Ticketpreise – was natürlich wieder am härtesten jene trifft, die ohnehin schon die Arschkarte in dieser beschissenen Gesellschaft gezogen haben.

Ausserdem legten wir Feuer an einem Radlader der Firma PORR, die u.A. für die Zerstörung des Mur-Flusses in Graz mitverantwortlich ist, um dort ein weiteres Wasserkraftwerk zu bauen. Damit wollen wir den Kampf der Leute, die gegen das Kraftwerksprojekt in Graz kämpfen, mit einem kleinen Beitrag unterstützen.
Leider wurde das Feuer von vorbeikommenden Aktivbürgern zu früh gelöscht, das Fahrzeug brannte deshalb nicht vollständig aus.

Auch wollen wir anmerken, dass wir uns keinesfalls von begangenen “Straftaten” in Graz oder sonstwo distanzieren (siehe hierzu z.B. “Graz: Angriff auf Verdrängung und Technologisierung“, die sich gegen den Kraftwerksbau richten, wie das viele andere Gruppen und Individuen getan haben.

Durch eine Distanzierung spielen wir nur dem Staat und seinen Schergen in die Hände. Dadurch wird Widerstand in gut (weil legal) und schlecht (weil illegal) eingeteilt, was nur einer breiten Bewegung im Wege steht, Aktionen delegitimiert (vielleicht, weil man sich selber nicht traut?) und ganz obendrein unsolidarisch ist. Wir reden nicht mit den Autoritäten, auch nicht um uns zu distanzieren.

Kampf dem Kraftwerk, alle mit ihren Mitteln!
Und nieder mit dieser Scheiß-Gesellschaft…

Graz: Angriff auf Verdrängung und Technologisierung

Als Teil des Kampfes gegen das Murkraftwerk in Graz wurde ein Gebäude der Energie Steiermark angegriffen. Im Zuge des Kraftwerksbaus wurden in der Innenstadt bereits großflächig Bäume gerodet, wogegen es seit Februar massiven Widerstand gibt. Neue Rodungen stehen kurz bevor. Das Kraftwerk steht auch für die Neugestaltung der Stadt und Verdrängung. Das machte ein Gebäude des Kraftwerkserbauers, Energie Steiermark, zum Ziel für einen Angriff.

Graz, Österreich: Spontandemo gegen Kraftwerksbau

Am Montag, den 2. Oktober brachten wir unsere Wut über den Bau des Kraftwerks an der Mur zum Ausdruck. Mit einem Transparent mit der Aufschrift “Hackt den Staat um, nicht die Bäume” bewegten sich ca 20 Leute spontan und unkontrolliert durch die Grazer Innenstadt. Es wurden mehrere hundert Flugblätter verteilt, der Verkehr wurde zeitweise blockiert und Feuerwerk gezündet.

Nach einer knappen Stunde löste sich die Demonstration auf, das Transparent wurde an einen Bauzaun gehängt und bevor die Bullen am Ort des Geschehens ankamen, waren alle verschwunden.

Ein kurzes Zitat aus dem verteilten Flugblatt:

Der Kampf um die Mur ist nur ein Teil der Auseinandersetzung um unsere Nachbarschaft und schließlich unser Leben. Jeder begonnene Angriff auf die Autortiät ist ein Schritt aus der Unmündigkeit. Denn er zeigt, dass nichts unmöglich ist – egal was sie uns tagein tagaus weismachen wollen.”

Sabotieren wir gemeinsam die Projekte der Herrschaft, die unsere Leben veröden und zerstören! Alle mit ihren Mitteln…

Nieder mit der Herrschaft!

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Graz: Eine neue Phase im Kampf gegen das Murkraftwerk in Graz 1.Oktober. Rodungsbeginn an der Mur

Text, der in der November-Ausgabe der anarchistischen Zeitung Revolte publiziert wurde und Contrainfo auch in englischsprachiger Übersetzung geschickt wurde.

(…)Seit Anfang des Jahres ist der Kampf gegen das Grazer Murkraftwerk unübersehbar. Baum- und Baggerbesetzungen, Camperrichtungen und direkte Aktionen am Flussufer stellen sich dem Prestigeprojekt entgegen. Es ist eine Diskussion rund um vermeintliche “grüne Energie”. Tausende Bäume wurden bereits gefällt. Tausende weitere sollen im Herbst folgen…

Der Bau des Murkraftwerks und des dazugehörigen Zentralen Speicherkanals verändern das Stadtbild drastisch. Bisher war die Innenstadt geprägt von verwilderten Ufern, an denen tausende Bäume einen uneinsichtigen Rückzugsraum für unterschiedliche Gruppen der Stadt schaffen: Leute, die joggen oder spazieren gehen, Tiere, Jugendliche, die abhängen. Sie alle sollen der Umstrukturierung weichen, damit die Bedürfnisse der zahlungskräftigen Mittelschicht erfüllt werden.

Eines dieser Vorhaben ist beispielsweise das Bauprojekt “Timber in Town” der Firmen Hohensinn Architektur und Kovac Immoblien unter Mithilfe der TU Graz. Neue, teure Wohnungen und schicke Arbeitsplätze sollen dort entstehen, wo seit Jahrzehnten Menschen mit geringem Einkommen in kleinen Häuschen wohnen – am Grünanger, der als “sozialer Brennpunkt” gilt.

Diese Umstrukturierung passiert auf gewalttätige Weise. Nicht nur werden Menschen mit den üblichen ökonomischen Logiken verdrängt. Es wird physisch geschlägert und umgegraben – ein Ökosystem vernichtet. Und seit Monaten sind Menschen, die sich gegen die Bauprojekte richten, physischer Gewalt ausgesetzt. Hauptakteur ist dabei die vom Bauträger Energie Steiermark beauftragte Firma KLS Security, die gerne ehemalige Polizist*innen anheuert. Die Polizei schaut dann im richtigen Moment weg, wenn ihre Ex-Kolleg*innen bei den Aktivist*innen aufräumen wollen. So wurden beispielweise am 27. Februar Aktivist*innen bei einer Baggerbesetzung kopfüber von den Baggern gezerrt und an den Haaren heruntergerissen. Außerdem versuchen die Security-Mitarbeiter*innen Aktivist*innen psychologisch anzugreifen indem sie sie nächtens bis nach Hause verfolgen.

Dieses Vorgehen versucht nicht nur auf repressive Weise die gewaltvollen territorialen Ansprüche eines Wirtschaftsstandortes durchzusetzen. Auch die Zusammenarbeit der Autoritäten wird erprobt und gemäß ihren Interessen enger miteinander verknüpft, denn KLS und Polizei haben auch bei der illegalen Räumung des Zweiten Murcamps am 3. Juli zusammen gearbeitet. Das Camp war auf öffentlichem Boden und eine legale Kundgebung. Die Grazer Polizei beweist auch hier, dass sie die sogenannte Rechtslage kreativ auslebt. Es wurde eine Maßnahmenbeschwerde gegen die Räumung eingereicht, bei der illegale Videoaufzeichnungen durchgeführt wurden, sowie Infrastruktur des Camps von der Polizei zerstört oder geklaut wurde.

Dass das rechtsstaatliche Vorgehen beim Kampf gegen das Murkraftwerk an seine Grenzen gestoßen ist, zeigt sich nicht nur wenn wir beobachten, wie die Polizei mit Willkür und die Securities mit physischer Gewalt durchkommen. Widerstand und gegenläufige Meinungen werden im liberalen System nur so lange geduldet, wie sie keinerlei ernsthafte Gefahr darstellen. Manifestiert sich der Protest zu stark, wird er mit Gewalt unterbunden.

Das Ende des legalistischen Kampfes

Der Befriedungsversuch seitens der Energie Steiermark mit eigens eingerichtetem Dialogbüro um über das Murkraftwerk zu sprechen oder auch die vielen Sponsoringverträge mit Kulturfestivals wie “steirscher herbst” und “LaStrada” sind billige Versuche von selbsternannten PR-Genies wie Urs Harnik, um die Bevölkerung in einen demokratischen Aushandlungsprozess zu wiegen. Die vorgegaukelte Dialogbereitschaft soll auch hier als Mittel dienen, um den Widerstand in geregelte Bahnen zu leiten und ihn gemäß der üblichen politischen Vorgehensweise zu managen.

Jüngster Tiefpunkt jener Aktivist*innen, die an diese Form der Gesprächsbereitschaft glauben, ist ein weiterer Appell an die
Autoritäten, sie mögen das Kraftwerk verhindern; ein Brief an den Papst in Rom, er möge sich der Sache annehmen. Nachdem alle staatlichen Institutionen ihre Unterstützung abgelehnt haben, werden nun kirchliche Institutionen angefleht. Auch wenn die Arbeit der legalistischen Gruppen gegen das Kraftwerk wichtig ist, wenn es um Informationsbeschaffung und -weitergabe geht, sehen wir hier, dass dieser Teil des Widerstands am Ende ist. Die Illusion vom gemeinsamen pluralistischen Kampf, der auf allen Ebenen versucht den Bau aufzuhalten, ist gescheitert.

Eine neue Phase des Kampfes

Die erste intensive Protestphase startete mit dem Baubeginn am 6. Februar und für die Investor*innen und die Politik hieß das Baustopps
und Aktionen, um auf die ökologischen und kapitalistischen Trugschlüsse hinzuweisen. Auch wurde eingefordert die nationalsozialistische
Vergangenheit der Stadt aufzuarbeiten. Denn das Arbeitslager Liebenau, durch das ein Todesmarsch getrieben wurde, befand sich auf dem Baugrund.

Nun steht im Herbst die zweite Rodungssaison an, womit eine neue Phase des Kampfes beginnt. Das dritte Protest-Camp am Westufer der Mur (Höhe Schlachthof) wird ein zentraler Ort des Widerstands sein. Ab 1. Oktober treffen sich dort handlungsorientierte Individuen und Gruppen für Aktionsvorbereitungen und Workshoptage. Der 1. Oktober ist gleichzeitig der frühestmögliche Termin für den Rodungsbeginn.

Die Bau- und Workshoptage sind dafür gedacht die Infrastruktur des Widerstands auszubauen und in Diskussionen neue Aktionsformen
durchzudenken um sie vor Ort umzusetzen. Sie sind einerseits der Versuch, internationale Unterstützung nach Graz zu bringen um den Bau zu verhindern. Andererseits geht es um viel mehr. Denn im gemeinsamen Kampf können wir neue Methoden des Widerstands entwickeln und unsere Beziehungen intensivieren.

Sollte es Leute geben, die es nicht nach Graz schaffen, so dürfen wir darauf hinweisen, dass beteiligte Firmen und Institutionen überall
anzutreffen sind: z.B die Baufirma Porr (Auftraggeber und -nehmer zugleich) und der beteiligte Verbund. Jene, die in Graz gegen das
Kraftwerk kämpfen, freuen sich bestimmt darüber, wenn Solidarität in Form von Aktionen zum Ausdruck gebracht wird.

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Wien: Straßenzeitung der Unruheherd mit Angriffs-Chronik – zweite Ausgabe

Die zweite Ausgabe der anarchistischen Straßenzeitung (Juli/August 2015) aus Wien ist nun online.

PDF: III

Aus dem Inhalt:

– Editorial
– Die Aufrechterhaltung der Unfreiheit: Überlegungen zur Institution Polizei
– Fragment Os Cangaceiros
– Feuer der Knastgesellschaft! Zur Fertigstellung des neuen Häfns[*] in Salzburg
– Kein Häfn für niemand
– RIP Flo P
– Unruhenachrichten
– Kontakt

Da es sich um eine Straßenzeitung handelt, ist es natürlich wichtig, dass die Zeitung auch auf die Straße kommt. Wenn du/ihr also dazu beitragen wollt, sprich z.B. ausdrucken und verteilen bzw. einwerfen, schreib(t) uns! Oder macht einfach, Dateiformat ist pdf und das Format DinA3 beidseitig.

Für Kritik, Anregungen, Textbeiträge, Unruhenachrichten, usw. schreibt uns:
unruheherd(at)riseup.net

Für die soziale Revolte!

[*Häfn = Knast]

Wien: Antiknasttage 2014

Kein Häfn für niemand!

Aufruf zu den Anti-Knast-Tagen in Wien von 7. – 9. 11. 2014

Knast heißt in Österreich Häfn, gemeint ist jedoch immer das eine: Gefängnis, Gitter, hohe Mauern, Stacheldraht, dahinter Menschen, die weggesperrt werden. Zum Schutz der Gesellschaft, als Strafe, zur Abschreckung, aus Rache, weil sie keinen Aufenthaltsstatus innerhalb der Festung Europa haben usw. – Gründe fürs Gefängnis kennt der Rechtsstaat viele. In demokratischen Zeiten sind diese Gründe „human“, soll doch der Strafvollzug „menschlich“ sein, das geringere Übel in Zeiten der größtmöglichen Freiheit im Kapitalismus, dem angeblich besten, weil nicht totzukriegenden System.

An den Knästen dieser Welt manifestiert sich der Glaube an eine Freiheit, die angeblich diejenigen haben, die draußen sind – jenseits der Mauern und Gitter. Dieser Glaube ist trügerisch, denn wir glauben nicht an (die) Freiheit in der kapitalistischen Verwertungsgesellschaft, an die Reformierung der Warenlogik und der Gesellschaft des Spektakels und wir haben keine Hoffnung, innerhalb dieses Systems zu einer besseren, zu einer anderen Welt zu finden. Freiräume, Kuschelecken, Nischen, in denen wir uns unüberwacht, fern von der Kontrolle und Macht der Herrschenden bewegen können, existieren – wenn dann – nur in unseren Köpfen und da auch nur gerne zum Zweck des Selbstbetrugs, um es irgendwie in diesem System aushalten zu können.

Wir sparen uns an dieser Stelle mannigfaltige Argumente gegen den Knast – die meisten sind ohnehin bekannt oder nachzulesen (z.B. Stein für Stein. Kämpfen gegen das Gefängnis und seine Welt). Vielmehr wollen wir unsere eigenen Beweggründe darlegen, warum für uns der Kampf gegen die Knäste nicht zu denken ist ohne einen Kampf gegen das staatliche Konstrukt, in dem wir gezwungen sind zu leben.

Vielleicht ist ein Gefängnis die totalitärste Institution der demokratischen Gesellschaft, der Diktatur der wenigen ParlamentarierInnen über alle anderen Menschen, denen in heuchlerischer Weise gewährt wird gelegentlich zwischen Pest und Cholera zu wählen. Im Gefängnis bekommt der Mensch das Ausgegrenzt sein, das Nicht-Dazu-Gehören-Dürfen durch die physische Präsenz der permanenten Überwachung wortwörtlich am eigenen Leib zu spüren. Sämtliche Kontakte zur Außenwelt werden reguliert – das Gefängnis bestimmt, wann, wie, was gegessen, geschlafen, gearbeitet, geduscht oder Sport betrieben werden darf. Dinge, die die meisten von uns außerhalb von Gefängnismauern zumindest teilweise selbstbestimmt entscheiden können. Doch auch andere Institutionen wie Kasernen, Krankenhäuser, Psychiatrien oder Schulen führen uns vor Augen, dass wir uns nicht selbst gehören und sowohl unsere Körper als auch unsere Gedanken überwacht, normiert und im Geiste der Staatsmacht erzogen werden müssen. Von der Wiege bis zur Bahre werden wir von der stumpfsinnigen Bürokratie verwaltet, eingeordnet, zu braven BürgerInnen des Systems gemacht – aufbegehren und die eigene Meinung sagen inklusive. Selbst wenn in Schulen engagierte LehrerInnen Kindern Mut machen, das System in Frage zu stellen oder nette SozialarbeiterInnen Jugendliche Räume bieten, in denen sie nichts leisten müssen und einfach nur sein dürfen, so sind es auch genau diese Rollen, die das System stützen und stabilisieren. Ebenso wie Parteien, Religionen, die heilige Kuh Arbeit oder andere Zwänge und Normvorstellungen.

Die Schere im Kopf wirkt so oder so: Wir wachsen auf mit dem Wissen, was erlaubt und was verboten ist. Wo wir anecken können/dürfen und wann wir besser unseren Mund halten. Die Foucaultsche Disziplinargesellschaft* hat gewonnen, wenn die Herrschenden über uns nicht mehr (so stark) benötigt werden, um uns einzuschränken, weil wir es bereits selber tun – in unseren Träumen, Aktionen und in unseren täglichen Handlungen. Wir passen unser Leben an das Zeitalter der Überwachung und Kontrolle an, stellen Routine und Alltag gar nicht mehr in Frage, empfinden Kameras an allen Orten der Öffentlichkeit weder als Störung noch als Anstoß, zu sehr haben wir uns an deren Anblick gewöhnt.

Wir sind nicht frei. Weder drinnen im Knast, noch draußen außerhalb der Mauern. Die Gitterstäbe sind vielleicht in der Zelle gegenwärtiger als auf der Straße, im Park oder im Supermarkt – zu stören scheinen sie zumindest „draußen“ nur wenige, ja, viele sehen sie nicht einmal. Wenn zum Beispiel zum hundertsten Mal der Begriff der „politischen Gefangenen“ zelebriert wird, um alle anderen davon auszuschließen, die aus Gründen wie Hunger, Armut, Krankheit oder schlichtweg Verzweiflung hinter Gitter sitzen, dann scheint es, als ob hier willkürlich Grenzen gezogen werden zwischen dem Elend der einen und dem der anderen. Wir lehnen den Begriff der „politischen Gefangenen“ ab, weil wir Knäste – neben der Polizei, Gesetzen, Zucht und Ordnung – als ein Unterdrückungswerkzeug von vielen sehen, das wir aktiv bekämpfen wollen. Wer warum im Knast sitzt, interessiert uns wenig bei dem Wunsch nach der Abschaffung der Institution Gefängnis und der Gesellschaft, die es benötigt.

Die diesjährigen Antiknasttage finden in Wien statt, einer Stadt, die aktuell vier (große) Häfn mitten in der Stadt bzw. an deren Rändern vorzuweisen hat. Der Kampf gegen die Knäste ist hier ein kleiner, wenn auch stetiger. Nicht viele haben Interesse daran und nicht viele scheint das Leben im Kapitalismus sonderlich zu stören – kein Wunder, zum Fressen haben alle (noch) genug und im postfaschistischen Österreich steht das antifaschistische Engagement nach wie vor ganz oben auf der Liste der linksradikalen Politiken. Da wird gern Knast für Nazis, härtere Strafen und ein präziseres Durchgreifen der Polizei gegen die politischen FeindInnen gefordert und im nächsten Atemzug gegen Repression gewettert. Ein Gedankengang, der verständlich ist, wenn man sich wohl oder übel zur demokratischen Gesellschaftsordnung mit ihren Werten bekennt oder die Logik der Staatsmacht nur zum Teil in Frage stellt. Themen wie die geplante Reformierung des Jugendstrafvollzugs, Knast-Neubauprojekte, die Einführung „moderner“ Bestrafungssysteme wie die Fussfessel oder permanente Berichte über Selbstmord, Misshandlungen, Übergriffe oder Verwahrlosungen innerhalb von (österreichischen) Gefängnismauern werden nur von wenigen aufgegriffen oder thematisiert.

Wir laden nach Wien ein, um gemeinsam über eine Welt ohne Mauern, Gittern und Grenzen nachzudenken, zu diskutieren und Wege zu finden, wie diese Welt, die wir so sehr ablehnen, zu bekämpfen ist. Wir wollen uns zwei Tage lang über diverse Projekte, aktuelle Gefangene, Repression, Knastkämpfe und unterschiedliche Anti-Knast-Zugänge austauschen, vernetzen und informieren. Wir möchten alle ermutigen, sich auf die ein oder andere Art zu beteiligen – auch wenn inhaltlich unterschiedliche Positionen zum Kampf gegen das Gefängnis vorhanden sind. Sind es doch vielleicht gerad die kontroversiellen Diskussionen, die unsere (selbstreflexive) Kritik anregen und dazu führen unsere Analysen und Schlußfolgerungen zu schärfen.

Wir wünschen und freuen uns daher über eine aktive und rege Beteiligung von interessierten Menschen – egal ob innerhalb oder außerhalb von Knästen.

Gegen alle Formen der Kontrolle, der Einsperrung und der Autorität!

Wien, September 2014

Infos, Programm, Möglichkeiten zur Beteiligung, Ideen für Workshops oder Pennplätze – get in contact with us: antiknasttage2014.noblogs.org

* Viele Bücher wurden über Knäste verfasst, Michel Foucault schrieb eines davon. In „Überwachen und Strafen: Die Geburt des Gefängnisses“ analysiert er die Entwicklung der Bestrafungsstrukturen bis hin zum modernen Staat, in der Macht sich bis in die kleinsten Bereiche fortsetzt und diese durchdringt. Die Disziplinierung des Individuums geht demnach nicht mehr nur von einer repressiven, übergeordneten Instanz aus sondern von allen TeilnehmerInnen der Gesellschaft.

Wien: Pizzeria Anarchia, dringender Aufruf zur Unterstützung und Solidarität

Die Pizzeria Anarchia ist ein Hausprojekt in Wien, das seit etwas mehr als 2 Jahren exisitert. Das Haus muss gerichtlich angeordnet bis zum 5. Februar verlassen werden. Die Pizza Anarchia ruft zum Widerstand gegen die angekündigte Räumung auf und hofft auf breite Unterstützung. Wenn ihr auf das Bild klickt könnt ihr den mehrsprachigen Aufruf lesen.